Repliken mittelalterlicher Schwerter.

Abgesehen von der staatlichen Förderung der Produktion ist das vollkommen falsch.

Über ganz Europa verteilt gibt es eine Menge Leute, die in der Lage sind, sehr kontrolliert genau das herzustellen, was man aus dem Rennofen gerade so braucht, ob das nun Stahl, Eisen oder Roheisen ist. ...
Schön, dass ich mich da getäuscht habe, Achim!

Meine Informationen stammen von Fachleuten, die sich seit vielen Jahren mit dem Thema befassen, z.B. Heinz Denig. Da hörte ich immer wieder Berichte, dass es mal hier und dort nicht geklappt habe, dass nichts Greifbares außer Schlacke entstanden sei, dass die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen eine kontrollierte Ofenreise erschwert hätten, dass entweder die Kohle oder das Erz nicht ganz gepasst hätten usw. Und dass so etwas eben auch erfahrenenen Leuten wie Alfred Bullermann passiert.

Daneben wird auch berichtet, dass die "Ausbeute" gelegentlich mit Hammerschlag und/oder ein wenig Schrott aufgebessert worden sei, damit dem staunenden Publikum etwas präsentiert werden könne.

Das schließt aber sicher nicht aus, dass es in der Tat über Europa verteilt hier und dort Fachleute gibt (z.B. Unsel/Romain Bohr in Luxemburg), die den Vorgang beherrschen und Material in nennenswerten Mengen produzieren.

Mir ging es um eine Antwort auf die Frage, warum wir hier wenig mit Rennstahl arbeiten. Die Schwierigkeiten der Erzeugung sowie die vergleichsweise geringe verfügbare Menge machen in meinen Augen den hohen Preis plausibel.

Gruß

sanjuro
 
... dass die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen eine kontrollierte Ofenreise erschwert hätten, dass entweder die Kohle oder das Erz nicht ganz gepasst hätten usw....

Jaja, das habe ich auch schon mal gehört. :rolleyes:


Daneben wird auch berichtet, dass die "Ausbeute" gelegentlich mit Hammerschlag und/oder ein wenig Schrott aufgebessert worden sei, damit dem staunenden Publikum etwas präsentiert werden könne.

Ich denke, dass da was verwechselt wird. Mit Hammerschlag kann man da nix aufbessern. Das ist im Prinzip nichts Anderes als Erz und muss ebenfalls reduziert werden. Und das ist gerade bei Hammerschlag nicht so wirklich einfach.
Das mit dem Schrott hat wahrscheinlich einen anderen hintergrund weil da jemand eine Grappage ("Oroshigane" für die Japanfans) mit einem Rennofen verwechselt hat.


Mir ging es um eine Antwort auf die Frage, warum wir hier wenig mit Rennstahl arbeiten. Die Schwierigkeiten der Erzeugung sowie die vergleichsweise geringe verfügbare Menge machen in meinen Augen den hohen Preis plausibel.
Gruß
sanjuro

Das genau ist der Punkt. Die Erzeugung ist sehr arbeits- und kostenintensiv und das Produkt, wenn man es denn realistisch vermarktet, entsprechend teuer. Teurer jedenfalls als ein guter Damast aus industriellen Stählen. Und da wird die Luft bezüglich potentieller Abnehmer dann sehr dünn....

Die Menge ist allerdings weniger ein Problem. Régis, ein Freund von der HISPAMEBRO, hat vor drei Jahren probeweise einen merowingerzeitlichen Ofen mit natürlichem Zug gefahren. Das Ergebnis war eine Luppe von über 300 kg Gewicht. :D
 
Nicht zu vergessen......Markus Balbach.

Ich hatte schon mehrfach das Vergnügen dabei zu sein und helfen zu dürfen wenn ein Ofen auf die Reise geschickt worden ist.
Dabei ist sehr wohl gebrauchsfähiges Material herausgekommen.
Ebenfalls war es nicht notwendig das Material aufzukohlen.

Auch ein hartnäkiges Märchen das die hiesigen Rennöfen angeblich kein Material mit genügend Kohlenstoff produzieren könnten. Wenn die hoch genug gebaut sind klappt das wunderbar.

Ich hatte mal einen Vortrag von Heinz Denig in Kolbermoor dazu gehört und kenne seine persönliche Meinung welche auf seinen Erfahrungen basiert.
Diese Meinung achte ich selbstverständlich aber ich teile sie nicht.

Korrekt ist hingegen das meine eigenen halbherzig ausgeführten Versuche mit Eisensand bei Markus noch weit davon entfernt sind einen stabilen halbwegs berechenbaren Prozess darzustellen. Es ist halt ein mühseliges Unterfangen da endlich die Parameter herauszufinden um gutes Material zu erzeugen. Wobei ein paar Teilerfolge gab es ja schon aber die Menge war zu gering um da von einem gelungenen wiederholbaren Ergebniss zu sprechen.

Auch sind schon mehrfach gebrauchstüchtige Klingen aus dem Endprodukt entstanden. Zwar nur im japanischen Stil aber......das Material ist tatsächlich selbst verhütten und hergestellt worden.


Das hierzulande kein Schmied mal ebenso ein paar Stangen Raffinierstahl herstellt ist ziemlich deutlich nachvollziehbar wenn man weiß was für ein Aufwand und Erfahrung notwendig ist um da was brauchbares zu erzielen. Der potenzielle Kundenkreis ist einfach nicht da welche das große "A" ("A" = absolut Authentisch) bei all ihren Sachen haben wollen egal zu welchem Preis.
 
Ich bin nun wirklich nicht Rennfeuerfachmann.
Ein paar Grundkenntnisse gibt es aber schon, und die sind eigentlich auch selbstverständlich.
Daraus läßt sich ableiten, weshalb Repliken mittelalterlicher Schwerter aus authentischem Material nicht so einfach zu fertigen sind.

Die Reduktion von Eisen aus seinen Erzen setzt voraus, daß durch einen C-Überschuß Sauerstoff aus den Erzen verdrängt werden kann.
Dieser Vorgang ist temperaturabhängig und die Art und Vorbereitung der Erze spielen auch eine Rolle. Welche Bedingungen erforderlich sind und welche am günstigsten sind, hängt von vielen Faktoren ab. Dazu sollen aber die wirklichen Fachleute Stellung nehmen.

In einem Beitrag im "Hephaistos"-schon ein paar Jahre alt- las ich, daß im Rennofen Temperaturen bis 1650 Grad herrschten. Das glaube ich nicht und es ist zur Reduktion auch nicht erforderlich, möglicherweise sogar abträglich.
Als Beispiel ist mir da ein Rennfeuerversuch in Elverum in Erinnerung, bei dem feinstes, geröstetes Raseneisenerz zur Anwendung kam, das in einem Trichter im Boden von ca. 4-5 m Durchmesser und 2-3 m Tiefe mit Holzbalken erhitzt wurde. In den Grund des Trichters ragten die Düsen zweier mächtiger Blasebälge, die von Birkenstämmen aufgezogen und von zwei kräftigen jungen Männern, die abwechselnd auf den einen und dann auf den anderen Balg traten, niedergedrückt wurden.
Die Ärmsten waren zwei Tage bei glühender Sonne zugange. Am Ende des zweiten Tages suchte man dann nach der Luppe oder etwas Luppenähnlichem. Eisenandeutungen wurden den anwesenden Schmieden zum Ausschmieden gegeben. Havard Bergland warf sein Stückchen gleich weg mit der Bemerkung "slag", sein Freund konnte immerhin ein kleinfingergroßes Stück zusammendrücken.
Am Grunde des Trichters, wo die Gebläseluft eintrat, herrschte sicher eine große Hitze, so ziemlich dem Optimum entsprechend, das mit Holzkohle und Gebläseluft erreicht werden kann. Herausgekommen ist dabei aber nichts.

Unter stark reduzierenden Bedingungen ist zu erwarten, daß nicht nur c-armer Eisenschwamm entsteht, sondern an bestimmten Stellen Stahl mit brauchbarem C-Gehalt und an anderen Stellen auch Guß.
Achim hat vor ein paar Jahren in Solingen einen Rennfeuerversuch gemacht und mir von dem Ergebnis einen Brocken mitgegeben, den er als Guß bezeichnete.
Das hat sich bei der weiteren Verarbeitung auch bestätigt. Zu schmieden war das Material zunächst mal nicht. Damit hatte ich auch schon gerechnet und habe es in Vertiefungen eingefüllt, die ich in Wagenradstücke- Puddel- oder Renneisen ?- eingeschlagen hatte. Über diese mit Gußstücken gefüllten Näpfe habe ich einen überstehenden Teil des Wagenrads gefaltet, erhitzt und zu schweißen versucht. Dabei spritzte zunächst flüssiges Material heraus, bei etwas niedrigerer Temperatur und Abkohlung war die Schweißung aber problemlos.

Zum Ausgangspunkt zurück: Ein Schwert aus Raffinierstahl ist kein Zauberwerk: Arno Eckhardt macht das regelmäßig und die anderen Damastschmiede können das mit Sicherheit auch.
Eine Klinge aus raffiniertem Rennfeuerstahl ist eine andere Kategorie- sicher machbar, aber aufwändig und daher teuer und qualitativ einer Monostahlklinge oder einfachen Raffinierstahlklinge unterlegen.
Freundliche Grüße
U. Gerfin
 
Arno Eckhardt macht das regelmäßig und die anderen Damastschmiede können das mit Sicherheit auch.
Ich las seine Webseite mal durch. Er macht tatsächlich Damaste und Raffinierstähle, benutzt dafür aber z.B. C 105 W1, sprich moderne Industriestähle. Ansonsten habe ich nichts gelesen, was darauf hindeutet dass er regelmäßig mit Rennstahl arbeitet.
Eine Klinge aus raffiniertem Rennfeuerstahl ist eine andere Kategorie- sicher machbar, aber aufwändig und daher teuer und qualitativ einer Monostahlklinge oder einfachen Raffinierstahlklinge unterlegen.
Der Sinn einer Replik aus Original-Materialien besteht in ihrem Wert als Sammelstück. Es soll ja kein "Wandhänger", Schaukampfschwert oder anderweitiges Produkt sein, wo Materialstärke Flexibilität und Unzerbrechlichkeit eine Rolle spielen, sondern genauso wie eine echte japanische Gendaito-Katana. Man hat sie aus ästhetischen, kulturellen und geschichtliche Gründen. Ab und zu könnte man mit dem Schwert z.B. harmlose Schnitttests oder "Kata" des historischen Fechtens durchführen.

Das Argument von "fehlender Kundschaft" kann ich nicht so recht nachvollziehen. Tausende von Nihonto-Sammlern in der ganzen Welt betrachten ihre Gendaito (die nicht mal alt sind) als Kunstobjekte, und sind bereit beim Erwerb ein Paar Tausende von Dollars zu zahlen. In Deutschland, Frankreich, England, USA, usw. gibt es auch einen Markt, der von Sammlern und Liebhabern getragen wird - für sie sind in der Regel 2000 Oiro für ein gutes Gendaito nicht zu schade. Scharfe Schwerter von namhaften Schmieden wie Arno Eckhardt oder Markus Balbach kosten locker über Tausend Oiro - wenn man den Raffinierstahl-Preis mit 100€/kg annimmt, dann sind es "nur" 300-500€ zusätzliche Kosten für ein Schwert. Wenn dieses Schwert ein absolut authentisches Sammelstück ist, und der Schmied bekannt genug ist, wird sich sicherlich ein Abnehmer finden.

Wenn also die Wertschätzung der Sammler auch für solch authentische europäische Klingen gewonnen wird, dann wird dieser Markt nicht von den Chinesen übernommen. :hehe: Dafür muss es aber erst eine Anzahl an solchen Schwertern im Umlauf sein. Ich meinerseits tendiere zu der Ansicht, dass der europäische Schwert-Markt sich zu sehr an LARP, Schaukampf und Reenactment orientiert. Diesen Zielgruppen ist die äußerliche Gestaltung und die Güte des Materials völlig ausreichend da die Schwerter für sie "Instrumente" sind, für ihr jeweiliges Hobby. Von einer Wertschätzung wie bei den Japanern ist da wenig zu sehen. Und für eine A-Replik aus A-Material lassen sie sich in der Regel nicht begeistern.

In dieser Hinsicht sind die Japaner tatsächlich konsequenter als Europäer.
 
Solange ich jetzt Markus Balbach kenne (es sind fast 20 Jahre) ist es nur
ein einiges Mal vorgekommen das da jemand eine ernsthafte Anfrage hatte, eine absolut authentische Replik eines europäischen Schwertes, mit einem Klingenmaterial hergestellt auf althergebrachte Weise.

Einen Raffinierstahl aus verschiedenen modernen C-Stählen herzustellen
ist vielleicht nicht authentisch aber weder von der Optik noch von den Eigenschaften her ist es etwas negatives.

Was Deine Preisvostellungen von 2000€ für ein neues japanisches Schwert, hergestellt auf die traditionelle Art und Weise, angeht denke ich mal das da ein kleiner Irrtum vorliegt. Mit etwas Glück bekommt man dafür einen kleinen Tanto (Dolch). Eine lange Klinge, Katana mit 70/75cm ist dafür nicht zu haben. Hier sind Preise von ca 10000€ aufwärts die Regel ! Wenn man einen sehr guten bekannten Schmied sich dazu noch als Macher aussucht (Ono Yoshimitsu als Beispiel verlangt schnell Summen von 30/50000€.

Dazu kommt auch noch die persönlichen wirtschaftlichen Situationen der Schmiede hier in Deutschland . Viele können und wollen es sich einfach nicht leisten mal eben so ins Blaue ein aufwändiges und authentisches Schwert auf Lager in die Ecke zu legen . Das ganze dann in der Hoffnung dann durch Zufall einen Kunden dafür zu finden der auch genau das Schwert haben will.

Sorry aber ich sehe da keinen Markt für solche europäischen "A" Schwerter.
Bei Japansäbeln ist das etwas anderes. Hier ist schon durchaus eine gewisse Anzahl von Sammlern bereit für einen gewissen "Kunstwert" in einer Klinge , egal ob alt oder neu, einen höheren Preis zu bezahlen. Das wird aber auch bezahlt weil der Käufer in der Regel dann auch sieht und versteht wieso die Klinge jetzt teuerer ist als etwas anderes scharfes, spitzes aus China. Diese Käufer sind aber auch auf einem anderen Level was das Wissen und die Einstellung zu Schwertern angeht unterwegs.
Nicht zu vergessen der Hype der nach wie vor um Japansäbel getrieben wird.
Dank Gallileo& Co ist das schärfste und beste Schwert immer ein Japansäbel und niemals ein Schwert aus Europa. ........Wer nichts weiß , muß alles glauben.
Sucht man mal in einschlägigen Foren sieht man in erster Linie nur Leute welche sich für Schwerter auf dem unterstem Preis / Leistungssegment bewegen.....und in 95 % aller Fälle sind es Japansäbel.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was Deine Preisvostellungen von 2000€ für ein neues japanisches Schwert, hergestellt auf die traditionelle Art und Weise, angeht denke ich mal das da ein kleiner Irrtum vorliegt... Hier sind Preise von ca 10000€ aufwärts die Regel !
Na gut, 2000 Oiro sind etwas zu wenig. Ich habe mir aber schon viele Seiten angeschaut, so wie diese:
http://www.nihontoantiques.com/fss260.htm

Vier bis sechs tausend Euro für ein mittelmäßig-preiswertes Gendaito sind bei verschiedenen ähnlichen Händlern aber schon die Regel. Ich wollte nur darauf hinweisen dass unsere europäischen Schmiede hier durchaus Spielraum haben, wenn man bedenkt wie viel ihre "Industriestahl"-Schwerter kosten.
Solange ich jetzt Markus Balbach kenne (es sind fast 20 Jahre) ist es nur
ein einiges Mal vorgekommen das da jemand eine ernsthafte Anfrage hatte, eine absolut authentische Replik eines europäischen Schwertes, mit einem Klingenmaterial hergestellt auf althergebrachte Weise.

Sorry aber ich sehe da keinen Markt für solche europäischen "A" Schwerter.
...
Nicht zu vergessen der Hype der nach wie vor um Japansäbel getrieben wird.
Dank Gallileo& Co ist das schärfste und beste Schwert immer ein Japansäbel und niemals ein Schwert aus Europa.
Dazu kommt auch noch die persönlichen wirtschaftlichen Situationen der Schmiede hier in Deutschland . Viele können und wollen es sich einfach nicht leisten mal eben so ins Blaue ein aufwändiges und authentisches Schwert auf Lager in die Ecke zu legen .
Das ist alles richtig. Auch ist es offensichtlich dass sich gegenwärtig großangelegte kommerzielle Rennfeuer (als Spezialgebiet) einfach nicht rechnen. :(
Schuld daran sind aber meiner Meinung nach weniger die Japan-Säbel und deren Kult, sondern die flächendeckende Uninformiertheit und Desinteresse der eigenen Geschichte gegenüber. Ich will keinen herabwürdigen oder beschuldigen, aber die LARP-Fraktion samt Schaukämpfern sind heute die Hauptzielgruppe aller Schmiede. Und die interessieren sich für reale Geschichte meist gar nicht; romantische Literatur, Tolkiens Werke, Kinematographie, dort haben sie ihre Wurzeln.

Und deshalb erachte ich die Aufklärung als den wichtigsten Punkt. Nur so kann man überhaupt das Interesse für A-Schwerter wecken, und dadurch auch Abnehmer finden. Die Japaner haben es ja schon vorgemacht. :D Und nebenbei wird der Mythos von der Schwert-Eisenkeule der europäischen Ritter endlich für immer verschwinden. Die zahlreichen Schwert-Mythen sind auch zum Teil der Grund, warum man als unbedarfter Kinogänger beim Wort "Hattori-Hanzo-Stahl" Speichelfluss bekommt, aber den Begriff +VLFBERH+T gar nicht kennt. :hmpf:

Markus Balbach als möglichen Ansprechpartner für Raffinierstahlklingen aus A-Material habe ich mir notiert. ;) Gibt es noch mehr Leute die sich an so was wagen?
 
..... aber die LARP-Fraktion samt Schaukämpfern sind heute die Hauptzielgruppe aller Schmiede.

Danke für die Aufklärung. ich wusste gar nicht, dass das meine Zielgruppe ist.


Die Japaner haben es ja schon vorgemacht.

Das, allerdings, ist grundfalsch. Der entscheidende Unterschied zwischen den Japanern und uns ist, dass bei denen das Mittelalter erst 1868 endete und nicht schon im 15. Jahrhundert, wie bei uns. Das Interesse am Schwert war also ununterbrochen. Bei uns waren Schwerter schon laaaange vorher obsolet und nur noch von dekorativem Interesse für's Theater. Zudem hat es in Japan zwar Verfeinerungen aber fast keine technische Weiterentwicklungen der Blankwaffen über lange Zeit gegeben. Demgegenüber betrachte man sich die Entwicklung und Diversifikation der Waffen in Europa.


Und nebenbei wird der Mythos von der Schwert-Eisenkeule der europäischen Ritter endlich für immer verschwinden.

Der Mythos ist lange widerlegt, wird aber ebensowenig verschwinden wie der Mythos vom überlegenen japanischen Krummsäbel.


Die zahlreichen Schwert-Mythen sind auch zum Teil der Grund, warum man als unbedarfter Kinogänger beim Wort "Hattori-Hanzo-Stahl" Speichelfluss bekommt, aber den Begriff +VLFBERH+T gar nicht kennt.

Hängt davon ab, welche Mythen man liest. Aus dem nordischen Bereich gibt es da so Einiges. Nur sehr bekannt ist das alles nicht.


Gibt es noch mehr Leute die sich an so was wagen?

Wo sollte denn da das Problem sein?
 
Danke für die Aufklärung. ich wusste gar nicht, dass das meine Zielgruppe ist.
Äh... Ich habe leider keine statistischen Erhebungen parat. :irre: Hab mich da in der Szene halt etwas umgeschaut und hatte diesen Eindruck. Außerdem sind sie glaube ich eher für Wootz zuständig, und das ist kein Material aus dem die hochmittelalterlichen europäischen Schwerter gemacht worden sind. Es sei denn man gaube den 30 Jahre alten "Sensationsbefunden" von Alan Williams. :hehe:
Das, allerdings, ist grundfalsch. Der entscheidende Unterschied zwischen den Japanern und uns ist, dass bei denen das Mittelalter erst 1868 endete und nicht schon im 15. Jahrhundert, wie bei uns. Das Interesse am Schwert war also ununterbrochen.
Nunja, aber ihre Politur und die sichtbaren Klingendetails waren schon immer etwas hervorgehobener als in Europa. Selbst der erste japanische Gesandte in Europa (Anfang 17 Jh.) beeindruckte die "höfische Welt" durch seine Waffe. Obwohl zu dieser Zeit das Langschwert-Fechten als Sport immer noch existierte, sowie evtl.(!) noch Klingenschmiede in direkter Tradition aus dem Mittelalter. Wissen sie zufällig wie da die Quellenlage ist?
 
Schau Dir in Sachen Politur einmal die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse von Dr. Stefan Mäder an. Dann relativiert sich die Aussage bezüglich japanischer Polituren gans erheblich.

Und Wootz? Ja, manchmal beschäftige ich mich auch damit. Aber deutlich mehr Zeit und Interesse habe ich in Schweißverbundstähle gesteckt.... :D
 
Schau Dir in Sachen Politur einmal die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse von Dr. Stefan Mäder an. Dann relativiert sich die Aussage bezüglich japanischer Polituren gans erheblich.
Ich hab schon einiges von Stefan Mäder gelesen. Ich glaube aber dass wir aneinander irgendwie vorbeireden. Ich persönlich vertrete die Meinung (begründet durch die Beweise der modernen Forschung) dass die europäischen Klingen den japanischen in Sachen Material, Konstruktion und Politur in nichts nachstanden. Die "Besonderheit" der japanischen Schwerttradition liegt in der Gestaltung und Wahrnehmung der Klinge. Es waren Kunstwerke, Schätze, mit einem über die Tauglichkeit als Waffe hinausgehenden Bedeutung. Europäische Schwerter des frühen und hohem Mittelalters mochten eine genauso hohe Materialqualität besitzen, und eine Politur vom Feinsten, aber es war eben nur eine Waffe. Ich las ein Paar Zitate aus S. Mäders Werk, denen nach der japanische Poliermeister sich sogar wunderte warum man die Sax von einer so hohen Qualität einem einfachen Krieger ins Grab gab, und keinem Fürsten.

Es geht also um nicht weiter als Wertschätzung, und die künstlerische Gestaltung der Klinge. Die Qualität des europäischen Stahls würde ich aufgrund der Quellenlage eigentlich nicht anzweifeln.
 
Ich bin kein Fachmann, aber stark Interessiert.
Ein Freund von mir ist Sammler , und gibt viel Geld für Flügellanzen, Schwerter, und Äxte aus, selbstverständlich , echte.
Ich habe sogar letztens auf Monatelanges drängen seinerseits, die kühnste Schweissnaht meines Lebends getätigt, besser wir reden nicht darüber.

Allerdings was diese ewigen Vergleiche der Kulturen betrifft, werden wir wohl niemals auf einen grünen Zweig kommen , da die Japaner etwas anders denken als wir.
Ich hatte die letzten zehn Jahre genügend Gelegenheit detaillierte Differenzen festzustellen. Diese Beobachtungen kann ich innerhalb meiner Familie machen.
Zusammengefasst, ist nichts besser oder schlechter, nur anders.
Was wir erfinden werden die Japaner versuchen zu verbessern, sie werden es solange tun bis es besser ist, und das empfinden sie als Ehre.

Ich weiss es ging nicht hauptsächlich in dieser Diskussion darum, aber ich denke man sollte diesen Gedanken in diesem Gespräch mit berücksichtigen.
Wie gesagt ich hatte die letzten Tage wieder die Gelegenheit einige Schwerter zwischen dem 12ten und 13ten Jahrhundert in den Händen zu halten, das zuletzt erworbene ist teils Spiegelblank, hat offensichtlich einen weichen Kern und einen harten Mantel, und wurde letzte Woche in ein Berliner Laboratorium gefahren um auf Echtheit geprüft zu werden. Dies um ein besseres Gefühl beim definitivem Kauf zu haben. Es hat sehr schöne silberne Tauschierungen, und eine fast kitschige Ulfberth Inschrift mit Kreuzen in der Klinge.
Jedenfalls hab ich mir auch andere genauer angesehen, die noch nahe an der orginalen Oberfläche waren, und ich kann nur sagen dass die Hohlkehle,Parierstange, Knaufkrone, alles andere als symetrisch oder genau gearbeitet waren. Es war in diesem Fall strikt Schmiedearbeit, keine Feile nichts.
Es gab sicher Schmiede und Schmiede , genau wie heute, mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Ausbildungen.
Die mehrheit der Schwerter waren zum Kampf hergestellt, technisch gut genug und fertig.

Gruss unsel
 
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Wie gesagt ich hatte die letzten Tage wieder die Gelegenheit einige Schwerter zwischen dem 12ten und 13ten Jahrhundert in den Händen zu halten, das zuletzt erworbene ist teils Spiegelblank, hat offensichtlich einen weichen Kern und einen harten Mantel, und wurde letzte Woche in ein Berliner Laboratorium gefahren um auf Echtheit geprüft zu werden.
Hat eine Labor-Untersuchung nun explizit ergeben dass die Klinge einen "weichen Kern" hatte, oder vermutet man es nur?
 
Man sieht deutlich farbliche Unterschiede , weil wahrscheinlich irgendwann Irgendeiner daran rumgeschliffen hat. Ich ich müsste Photos machen um dir optisch klar zu machen was ich meine. Ich versuche es heute oder morgen zu tun.

Die Laboruntersuchungen werde ich nach Eingang mitteilen.

unsel
 
Die europäischen Klingen standen in der Politur den jaapnischen in Nichts nach. Wenn ich meinen Humor wiedergefunden habe lach ich über diesen Blödsinn. ( Schmiedetechnisch sieht es komplett anders aus, da standen die Europäer den Japanern wirklich in Nichts nach ).
Aber politurtechnisch : Mit Verlaub, das ist wirklich absurd. Eine reine Spiegelpolitur hat nicht mit japansichen Techniken zu tun. Da kann das Schwert noch so geleckt aussehen und von mir aus angeätzt sein : Nein, das ist für japanische Verhältnisse wirklich primitiv.
Aber um das klar zu machen müßte man den japanischen Polierprozess gründlich erklären, das würde aber hier zu weit führen.
Auf jeden Fall stimmt diese Aussage so nicht. ( Kantei-Poliermethode hin oder her :hmpf:)
 
Stefan ,
ich lasse Dir mal die arbeit von Dr. Mäder zukommen.
Es lohnt sich durchaus das mal zu lesen.
In wieweit man dann die Meinung teilt ist ein anderes Thema aber es sind interessante Ansätze vorhanden.
 
Eine reine Spiegelpolitur hat nicht mit japansichen Techniken zu tun. Da kann das Schwert noch so geleckt aussehen und von mir aus angeätzt sein : Nein, das ist für japanische Verhältnisse wirklich primitiv.
Hier kann ich wieder "das Argument der Zweckmäßigkeit" bringen. Die japanische Politur ist an sich sehr ausgefallen und komplex, ja, aber welchem Zweck dient sie denn? Nur schön aussehen? Oder verleiht die Herauspolierung des "Hamon" der Klinge irgendwelche speziellen Eigenschaften?
Was man bisher mehr oder weniger sicher behaupten kann; die Europäer polierten ihre Klingen offenbar nicht der Schönheit wegen sondern für den harten Kampfeinsatz. Ein hochmittelalterliches Schwert hatte die Aufgabe Metall (Kettenhemden, Helme), Holz, Wolle, Leder, Fleisch und Knochen zu schneiden oder zu durchstechen. Seine Politur musste das alles ohne größere Schäden einstecken können. Und ich darf erstmal bezweifeln, dass eine hochkomplexe kunstvolle Politur einer Katana der Edo-Zeit solchen (Miss-)Gebrauch überstehen wird. Man hat auch erst Ende Muromachi-Zeit mit solch komplexen Polituren angefangen. Die Mehrheit der davor hergestellten Klingen waren laut vielen Büchern eher schlicht was die Politur angeht.
"Gute", "kunstvolle" oder "komplexe" Politur kann also NICHT synonym behandelt werden. Denn nur der reale Gebrauch entscheidet was an ihr "gut" ist, und was nicht. Und es gibt zur Zeit keine Quellen die belegen dass die "simple spiegelblanke Politur" eine billige oder einfache Angelegenheit war. Es ist durchaus denkbar dass es ein ebenso komplexer Prozess war wie das "japanische Polieren". Selbst im berüchtigten "Brief des Theoderich" beneidet der König die Vandalen, die im Besitz eines wertvollen Polierpulvers zu sein schienen. War offenbar doch keine so "billige" Angelegenheit. ;)
 
Moin.

Die europäische Politur diente also dem "Kampfeinsatz" und musste es einstecken können, wenn die Klinge durch einen Helm gestochen wird.

Der Gebrauch entscheidet also über die Güte einer Politur und daher ist es folglich denkbar dass es ein ebenso komplexer Prozess war wie das "japanische Polieren"

Ach herrlich, Wenn Geschichtsforschung doch bloß immer so einfach wäre.:irre:

Gruß
chamenos
 
Ich habe es möglicherweise überlesen,.... aber eine glatte polierte Oberfläche, bietet einem zu durchtrennenden Medium weniger Wiederstand als eine mit rauher Oberfläche.
Gut oder unnütz , ist meines Erachtens weniger eine Frage der Optik.

Es ist wie bereits erwähnt ein Unterschied ob ich hauptsächlich metallische Panzerungen, oder Organisches Material ( auch Fleisch) durchschlagen muss.

Gruss unsel
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber politurtechnisch : Mit Verlaub, das ist wirklich absurd. Eine reine Spiegelpolitur hat nicht mit japansichen Techniken zu tun. Da kann das Schwert noch so geleckt aussehen und von mir aus angeätzt sein : Nein, das ist für japanische Verhältnisse wirklich primitiv.

Ich wäre da mal nicht so überheblich. Die europäischen Schwertfeger standen vor der Aufgabe, die Klingen so zu polieren, dass die eingeschmiedeten Damaststrukturen des Stahles, die zum Teil sehr fein und detailiert waren, durch die Politur (und nicht durch eine Ätzung) zum Vorschein kamen. Das ist genau das Gleiche was die Japaner auch machen und mit einer Spiegelpolitur hat das nichts, aber auch gar nichts, zu tun.

In der Schmiedetechnik ist es übrigens nicht nur so, dass die europäischen Schwertschmiede gleichauf waren. Die Europäer waren den Japanern nicht nur zeitlich Jahrhunderte voraus, wofür die Japaner aufgrund der späten geschichtlichen Entwicklung des Landes allerdings nichts konnten, sondern auch qualitativ und technisch sind die komplexe europäischen Klingen nicht mit den relativ einfach aufgebauten japanischen Säbeln vergleichbar. Und um dem Kommentar zuvorzukommen, ich kenne auch die aus mehreren verschiedenen Materialien aufgebauten japanischen Konstruktionen.
 
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